MAINZ (Eigener Bericht) – In der Antwort der rheinland-pfälzischen Landesregierung auf die Kleine Anfrage 513 (gestellt von Bündnis 90/Der Grünen am 13.12.2011) heißt es: „Das Aktionsbüro Mittelrhein wurde erstmals Ende 2007 durch einen Internetauftritt bekannt.“
Diese Auskunft ist offensichtlich falsch. Die Neonazis sind in der Region bereits wesentlich länger aktiv: Heute noch aktive Kader des Aktionsbüros nahmen spätestens ab 2003 an Neonaziaufmärschen in Rheinland-Pfalz teil. Ab 2004 traten sie unter dem Namen „Aktionsfront Mittelrhein“ auf, seit 2006 als „Aktionsbüro Mittelrhein“.
NPD und Aktionsbüro in Personalunion
In einer Selbstdarstellung der KandidatInnen zu der Landtagswahl 2006 bezeichnete sich der NPDler Sven Lobeck aus Koblenz als „Betreiber des Aktionsbüros Mittelrhein“. Aus „Aktionsfront“ war „Aktionsbüro“ geworden. Auch auf dem Transparent, mit dem die Neonazis bei Aufmärschen auftraten, wurde lediglich dieses Wort geändert, sonst veränderte sich nichts.
Die Umbenennung dürfte erfolgt sein, da die „Aktionsfront“ 2004 als Kontaktadresse der neonazistischen Schulhof-CD für die Region Koblenz fungierte. Wegen einer Verbotsverfügung durfte diese CD allerdings nie verteilt werden.
Die Einschätzung des Verfassungsschutzes …
Die katastrophale Beurteilung seitens der Behörden bzw. das Verschweigen von Neonazistrukturen in Rheinland-Pfalz zeigt sich auch in den jährlich erscheinenden Berichten des Landesamtes für Verfassungsschutz. Obwohl das Aktionsbüro Mittelrhein, bzw. dessen Vorläuferstruktur Aktionsfront Mittelrhein seit dem Jahre 2004 Aktivitäten aufweist, wird man in den Verfassungsschutzberichten zunächst vergebens nach Informationen suchen:
… 2008
Im Jahr 2008 findet das Aktionsbüro Mittelrhein erstmalig Erwähnung. Allerdings im Bereich „Linksextremismus“, da AntifaschistInnen einen führenden Kader der regionalen Naziszene „als Funktionär der NPD und Betreiber eines ‚Aktionsbüro Mittelrhein‘ outeten“.
… 2009
Im Jahr 2009 präsentierten die VerfassungsschützerInnen nur eine allgemeine Einschätzung, die Spekulationen zulässt. So formulieren die ExpertInnen des Innenministeriums im Bereich „Kameradschaften“:
„Zur Unterstützung dieser ‚Aktionsbündnisse‘ und ‚-büros‘, erstellen ‚Kameradschaften‘ im Internet Homepages, welche den Anschein vernetzter und mitgliederstarker Organisationen erwecken sollen. Tatsächliche Strukturen können diesen Internetauftritten allerdings oft nicht zugeordnet werden, so dass sich deren Präsenz lediglich auf die kurzfristige, virtuelle Darstellungsform beschränkt“.
Es kann davon ausgegangen werden, dass darunter auch das Aktionsbüro Mittelrhein gefasst wurde, denn eine anderweitige Erwähnung findet sich nicht.
… 2010
Im Bericht aus dem Jahr 2010 kommen die VerfassungsschützerInnen zu der Erkenntnis, dass sich „im nördlichen Rheinland-Pfalz […] das „Aktionsbüro Mittelrhein“ gebildet [hat], das über Kontakte in das südliche Nordrhein-Westfalen verfügt“.
In antifaschistischen Medien hingegen wurde das Aktionsbüro Mittelrhein mehrfach unter die Lupe genommen und dessen Entwicklung ausführlich beschrieben:
– Im Herbst 2008 in der Zeitschrift Der Rechte Rand, Ausgabe 114.
– Im Frühjahr 2010 in der Zeitschrift Lotta, Ausgabe 38.
Antwort auf die Anfrage der Grünen:
http://landtag.rlp.de/landtag/drucksachen/760-16.pdf
Artikel zum Aktionsbüro Mittelrhein aus der Zeitschrift Lotta:
http://www.infobuero.org/2010/05/%C2%BBnazi-sein-heist-leben-wollen%C2%AB-%E2%80%93-das-aktionsbu%CC%88ro-mittelrhein-ab-mittelrhein/