Der Prozess gegen die Mitglieder und Unterstützer des Aktionsbüro Mittelrhein (ABMR) zählt nun knapp 100 Prozesstage. Ein Ende ist noch nicht in Sicht. Erste Urteile wurden aber bereits gesprochen und die letzten Inhaftierten aus der Haft entlassen. Für den 15. März planen Neonazis einen Aufmarsch in Koblenz.
Erste Urteile
Für vier Angeklagte hat der ABMR-Prozess ein Ende gefunden. Weil sie umfassende Aussagen gemacht hatten und der Neonaziszene den Rücken gekehrt haben wollen, wurden ihre Verfahren abgetrennt. So konnten im November die ersten Urteile gesprochen werden. Auf Bewährung zu 18 bzw. 21 Monaten wurden zwei Angeklagte verurteilt. Zwei weitere Angeklagte befand das Gericht für schuldig, zu Strafen wurden sie jedoch nicht verurteilt. Das Gericht verhängte allerdings eine Bewährungszeit von zwei Jahren. Somit müssen sich fortan nur noch 22 Angeklagte vor dem Koblenzer Landgericht im ABMR-Prozess verantworten.
Inhaftierte kommen frei
Am 7. Januar verkündeten mehrere neonazistische Internetseiten die Freilassung der letzten sieben Angeklagten aus der Untersuchungshaft. Somit sind nun alle Angeklagten wieder auf freiem Fuß, darunter auch jene, die die Staatsanwaltschaft zu den Führungsfiguren zählt. Es bleibt abzuwarten, ob diese zeitnah an Veranstaltungen der Szene teilnehmen werden.
Naziaufmarsch in Koblenz angekündigt
Unter den nun aus der U-Haft entlassenen Angeklagten befindet sich Sven Skoda. Sein Name wird am häufigsten genannt, wenn die Szene auf den Prozess Bezug nimmt. Für die Ende Mai anstehende Europawahl wurde er von der Partei Die Rechte als Spitzenkandidat aufgestellt.
Auch das Motto des Aufmarschs zeigt die Bedeutung, die Skoda als Identifikationsfigur für die Szene hat: „Zusammenhalt ist unsere Stärke – Gegen Repression und Behördenwillkür – Solidarität mit Sven und den anderen“. Der neugegründete Landesverband Rheinland-Pfalz der Partei Die Rechte ruft mit diesen Worten zum Aufmarsch am 15. März in Koblenz auf.
Damit wollen Neonazis zum dritten mal innerhalb von drei Jahren durch Koblenz ziehen:
2012: Am 18. August hatten Neonazis anlässlich des Prozessbeginns gegen das ABMR einen Aufmarsch mit dem Motto „Weg mit § 129 – Freiheit für alle politischen Gefangenen!“ in Koblenz durchgeführt. An der Veranstaltung nahmen etwa 200 Neonazis teil. Anmelder war Christian Worch aus Norddeutschland, der Parteivorsitzende der damals frischgegründeten Partei Die Rechte.
2011: Bereits ein Jahr zuvor zogen knapp 115 Neonazis durch Koblenz. Ihr damaliges Motto liest sich aus heutiger Sicht wie eine selbsterfüllende Prophezeiung: „Politischer Justiz entgegentreten, Repression darf nicht zum Alltag werden!“.
Die Veranstalter, Neonazis vom ABMR, hätten sich wohl kaum vorstellen können, dass sie ein Jahr später in Untersuchungshaft landen sollten, sieben von ihnen für knapp 22 Monate.
Der Anlass für die Neonazis, am 19. März durch Koblenz zu ziehen, war die von ihnen beklagte zunehmende Repression:
Zum einen gab es im April 2011 das Urteil im Prozess gegen das Widerstandsradio in Koblenz. Das Internetradio hatte antisemitische, rassistische und NS-verherrlichende Inhalte verbreitet, was neun der 18 Angeklagten aus ganz Deutschland Gefängnisstrafen einbrachte.
Zum anderen wurden im Oktober 2011 fünf Neonazis zu Gefängnisstrafen verurteilt, weil sie ein Jahr zuvor einen „Verräter“ brutal zusammengeschlagen hatten. Dazu kamen Hausdurchsuchungen gegen die Neonazis vom ABMR selber.
Konkurrenz?
In Rheinland-Pfalz gibt es mit der NPD, Die Rechte und Der dritte Weg aktuell drei neonazistische Parteien, die zueinander in Konkurrenz stehen. Das Thema Prozess scheint jetzt Die Rechte besetzen zu wollen. Es wird sich zeigen, ob die anderen die Führungsrolle Worch seiner Partei überlassen oder ob – gerade mit Blick auf kommenden Kommunal- und Europawahlen Ende Mai – sie ebenfalls in die Öffentlichkeit drängen.