Als sich am 15. November 2014 der rassistische Mob von Hooligans gegen Salafisten (HoGeSa) in Hannover versammelt, spricht auch eine Frau zu den TeilnehmerInnen, die vom rassistischen Internetportal PI-News später als „mutige Deutsche“ und „Streiterin für das Abendland“ bezeichnet wird. In dem von ihr verkündeten Schlusswort der HoGeSa-Kundgebung heißt es: „Ich bin stolz auf deutsche Männer, die endlich einen Arsch in der Hose haben und unser Land bewahren wollen.“
Dass die in Frankfurt am Main lebende Heidi Mund bei HoGeSa auftritt, wirkt auf den ersten Blick merkwürdig, spiegelt aber die aktuelle Entwicklung eines Schulterschlusses von rechten Kräften in Deutschland, auf den scheinbar kleinsten gemeinsamen Nenner, wieder. Ob nun HoGeSa, PEGIDA oder DÜGIDA – all diesen Demonstrationen ist gemein, dass hier nicht wie behauptet, gegen Salafisten und IS-Faschisten demonstriert wird, Feindbild sind die Einwanderungsgesellschaft und hier lebende Flüchtlinge.
Was die Neonazi-Partei NPD über Jahre nicht geschafft hat, gelingt nun scheinbar an vielen Orten: Die Zusammenführung von Neonazis, AfD-Mitgliedern, fundamentalistischen ChristInnen und rassistischen BürgerInnen. Heidi Mund steht beispielhaft für das Verschwimmen der Grenzen unterschiedlicher rechter Strömungen.
Wer ist Heidi Mund?
Aufmerksamkeit in islamfeindlichen Kreisen erregte die studierte Pädagogin und BWLerin durch die Störung der Friedensmesse „The Armed Man“ in der Gedächtniskirche von Speyer im November 2013. Als während der Aufführung ein Muezzin auftritt, fängt Mund an, durch die Kirche zu rufen und dabei eine Deutschlandfahne mit der Aufschrift „Jesus Christus ist Herr“ zu schwenken. Später rechtfertigt Mund in einem Youtube-Video die Aktion: „(…) es geht (…) um die Grundlagen unserer Existenz. Es geht um Deutschland, es geht um unser Leben.“
Die Aktion wird im In- und Ausland von islamfeindlichen christlich-evangelikalen Kreisen gefeiert, Mund gar als „The Brave German Woman“ bezeichnet. Auch hierzulande wird die Aktion von neurechten Kreisen, wie der Sezession („christlich-subversive Aktion“) und islamfeindlichen Internetblogs aufgegriffen. In einem Interview mit PI-News ruft Mund die Christen Europas dazu auf, endlich aufzuwachen und der Islamisierung entgegen zu treten.
Kontakt mit christlich-fundamentalistischen Kreisen hat Mund schon länger. Gemeinsam mit ihrem Mann Mathias Mund, der für die als rechtsaußen geltenden Freien Wähler im Frankfurter Stadtrat sitzt, organisiert sie mit ihrer Organisation Himmel über Frankfurt einen alljährlichen „Internationalen Jesusmarsch“ in der Frankfurter Innenstadt.
In Hannover versuchte sich „Heidi aus Frankfurt“ nicht das erste Mal als Rednerin. Bereits im November 2012 spricht sie am Volkstrauertag in Berlin auf einer Kundgebung der rechtspopulistischen Partei Die Freiheit. In ihrer Rede geht es darum, Menschen zu gedenken die durch „Ausländergewalt“ ums Leben gekommen seien, angeblich liege die Anzahl bei 7500. Der Stil ist bei ihren Reden oft ähnlich und erinnert an eine Predigt in einer evangelikalen Gemeinde. Inhaltlich sind ihre Reden dabei oftmals eher diffus, aber mit nationalistischen Untertönen: „Wir sind in Deutschland, ihr Lieben (…) in diesem Deutschland wohnt ein deutsches Volk und ich schäme mich nicht zu sagen, das ich Deutsche bin.“
Bildungsarbeit mit Auszeichnung durch die Bertelsmann Stiftung
Als Rednerin tritt Heidemarie Mund bei rechten Veranstaltungen auf, ihre Redebeiträge ernten Anerkennung. Auch in der außerschulischen Jugendbildung erfährt sie viel Anerkennung. Mund betreibt das Bildungsprojekt Firmamus, eine Firma, die öffentlichen Institutionen, Schulen und Behörden, Projekte der außerschulischen Bildung anbietet. Angeboten werden neben Orientierungs- und Berufsfindungs-Seminaren für Jugendliche auch Seminare für Schulen.
Mit ihrer Arbeit ist Pädagogin Mund durchaus erfolgreich. 2009 wurde ihren Schülerinnen der Wilhelm-Merton-Schule für ein von ihr betreutes Projekt der Integrationspreis der Bertelsmannstiftung verliehen Laut der Frankfurter Neuen Presse war Mund zu dieser Zeit als Lehrerin in der Wilhelm-Merton-Schule tätig. Inwieweit heute eine Zusammenarbeit ihrer Firma Firmamus mit Frankfurter Schulen besteht, ist unklar.
Nach außen hin vermittelt Firmamus einen seriösen Eindruck. Zum Beispiel, wenn Jürgen Scharf (CDU), ehemaliges Mitglied des Landtages in Sachsen-Anhalt, Mund und ihre Firma auf deren Seite in höchsten Tönen lobt.
Auf der Homepage von Firmamus wird der christlichen Hintergrund hervorgehoben. So heißt es etwa, die „Erfolgsgeschichte der Sozialen Marktwirtschaft im westlichen Nachkriegs-Deutschland ist untrennbar verbunden mit der Verwurzelung ihrer Gründerväter in den Werten des Neuen Testamentes“.
Fraglich ist, ob viele ChristInnen zu christlichen Werten zählen würden, was Heidemarie Mund am 29. Dezember in Kassel beim örtlichen PEGIDA-Ableger erklärt: „Wir sind für das Erhalten der deutschen Identität. Deutschland gehört uns. Italien gehört den Italienern. Den Polen gehört Polen.“
Aus der Mitte der Gesellschaft
Heidi Mund ist ein außergewöhnliches Beispiel für eine Protagonistin der zur Zeit bundesweit stattfindenden Demonstrationen der Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes.
Geleitet von einem diffusen rechten Weltbild und Hass auf auf das vermeintlich „Fremde“ gibt es keinerlei Berührungsängste mit der extremen Rechten. Sich selbst verortet Mensch allerdings in der Mitte der Gesellschaft und versteht sich als besorgte Bürgerin.
Nachdem Mund wie bereits erwähnt als Rednerin beim ersten hessischen PEGIDA-Ableger KAGIDA in Kassel auch vor Neonazis und NPD-Politikern auftrat, hat sie nun für Montag den 26. Januar 2015 eine Demonstration des örtlichen PEGIDA Ablegers in Frankfurt angemeldet.
Das Heidi Mund in ihrem beruflichen Alltag pädagogischen Einfluß auf Kinder und Jugendliche hat, gibt Grund zur Sorge.
Sollte sie es schaffen mit ihrem Bildungsprojekten weitere StreiterInnen für das (angeblich) „untergehende christliche Abendland“ zu rekrutieren, bleibt nur zu hoffen, dass sie ihnen ähnliche Orientierung mit auf den Weg gibt wie den Hooligans in Hannover: „Ihr seid ja nicht blöd ja, (…) ich schätze euch intelligent ein (…), wir saufen uns nicht die Birne voll, macht das Zuhause.“